#wertvoll
Eine verrückte Therapie
[Die Geschichte kann man hier anhören]
Es war einmal ein Mann, der suchte einen Arzt auf, weil er sich seit Monaten hundeelend fühlte.
Der Arzt konnte sehen, dass dieser Mann völlig am Ende war. So eröffnete er ihm mit ernster Miene seine Diagnose: Er leide an einer seltenen Krankheit, die zum Tod führt, und gegen die es nur ein einziges, sehr ungewöhnliches Mittel gäbe.
Der Mann erschrak zutiefst. Der Arzt ging zu seinem Medizinschrank, holte eine Packung Pflaster heraus und gab sie dem Mann mit den Worten: „In dieser Schachtel sind eintausend medizinische Pflaster. Nehmen Sie täglich fünfundzwanzig dieser Pflaster und schreiben Sie auf jedes das Wort „#wertvoll“. Dann schauen Sie sich um und kleben die Pflaster auf Dinge und Gegenstände, von denen Sie meinen, Sie sind #wertvoll für Sie. Kommen Sie bitte in zwei Wochen wieder zu mir in die Praxis.“
Der Mann hielt dieses Heilmittel zwar für völlig verrückt, aber ihm saß die Angst vor dem Tod im Nacken. Lieber diese verrückte Therapie ausprobieren als sterben.
Also beschriftete der Mann täglich fünfundzwanzig Pflaster mit dem Wort #wertvoll und klebte sie auf Gegenstände, die zur Bequemlichkeit seines Lebens beitrugen, also #wertvoll für ihn waren:
auf sein Bett, auf den Kühlschrank, sein Auto, …
Nach einer Woche hätte er fast seinem Hund ein Pflaster auf die feuchte Nase geklebt.
Da musste er herzhaft lachen – zum ersten Mal seit Jahren. Und plötzlich fielen ihm fünfundzwanzig Dinge ein, die für ihn #wertvoll waren, die er aber nicht bekleben konnte.
So schrieb er sie auf: die Stille der Nacht, das Knirschen des Schnees, das Lachen seiner Kinder, die Berührung seiner Frau, der Geruch von frischem Brot…
Neben jede Eintragung auf seiner Liste klebte er ein #wertvoll-Pflaster.
Beim nächsten Arztbesuch legte der Mann seine Liste stolz dem Doktor vor.
Dieser zeigte sich hoch erfreut. Er untersuchte den Mann eingehend und verkündete ihm dann, dass die schlimme Krankheit zum Stillstand gekommen sei. Der Mann möge mit der Heilmethode fortfahren und die Dosis auf fünfzig Pflaster täglich erhöhen. Er solle wiederkommen, wenn das Päckchen mit den Pflastern aufgebraucht sei.
Nach knapp zwei Wochen kam der Mann wieder in die Arztpraxis, fröhlich pfeifend und mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Der Doktor untersuchte ihn abermals und erklärte ihn für vollkommen geheilt.
Daraufhin nahm der Mann das letzte Pflaster aus der Schachtel und klebte es dem Arzt auf die linke Brusttasche, dorthin, wo sein Herz für seine Patienten schlägt.
„Sie sind #wertvoll,“ sagte er, „Herr Doktor, danke!“
(Nacherzählt nach: MiniFundus, Ministranten Erzdiözese Wien, I/2013, S.7.)